Moritz mit Eltern

Glück im
Unglück

Patientengeschichten

Lebertransplantation als Neugeborener

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Moritz kam mit einem Leberversagen zur Welt. Um sein Leben zu retten, trans-plantierte ein Spezialisten-Team im vor einem Jahr gegründeten Pädiatrischen Transplantationszentrum am Universitätsklinikum Bonn dem Neugeborenen fünf Wochen nach der Entbindung ein neues Organ. Es ist die erste Leber-transplantation bei einem Kind im Großraum Köln/Bonn. Mit einem Gewicht unter drei Kilogramm war Moritz extrem klein für einen Eingriff dieser Art. Er ist jedoch wohlauf und konnte jetzt von seinen Eltern nach Hause geholt werden.

Die Schwangerschaft von Sandy G. verlief normal und ohne Komplikationen. Bis es plötzlich in der 34. Schwangerschaftswoche Alarmsignale gab: Es war zu wenig Fruchtwasser vorhanden. Sandy G. wurde in die Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin des Universitätsklinikums Bonn überwiesen. Das Spezialistenteam um Prof. Dr. Ulrich Gembruch entschied sich für einen frühzeitigen Kaiserschnitt, um das Leben des Babys zu retten. Kurz darauf diagnostizierten die Ärzte eine sehr seltene, bei Neugeborenen auftretende Leberentzündung, infolge derer das Organ versagen kann. Hinzu kommt eine erhöhte Blutungsgefahr, da die entzündete Leber keine Gerinnungsfaktoren bilden kann. Bis auf wenige Ausnahmen versterben Kinder mit dieser Diagnose nach der Geburt.

Das Team der Neonatologischen Intensivpflegestation (NIPS) um Prof. Dr. Andreas Müller auf dem Venusberg versorgte Moritz unter anderem mit Sofortmaßnahmen gegen die Gerinnungsstörung. "Jeden Tag haben wir gehofft. Doch dann kam die Hiobsbotschaft, die uns zuerst den Boden unter den Füßen wegriss“, so Sandy und Manuel G., die Eltern des kleinen Moritz. „Die einzige Chance war eine Transplantation-on.“

Rund um Versorgung durch ein spezialisiertes "Kinderteam"

"Ein solcher Eingriff gerade bei einem Säugling verlangt einen hohen Spezialisierungsgrad aller beteiligten Fachrichtungen", betonen Prof. Dr. Rainer Ganschow, Direktor der Allgemeinen Pädiatrie am Zentrum für Kinderheilkunde und Privatdozent Dr. Dr. Jörg-Matthias Pollok, Teamleiter Transplantation in der Chirurgie des Universitätsklinikums Bonn. Die nötige Expertise brachten der Kinder-Gastroenterologe Ganschow und Pollok, einer der wenigen Chirurgen in Deutschland mit Schwerpunkt auf Transplantationen bei Kindern aus Hamburg mit, wo sie bereits am dortigen Universitätsklinikum lebertransplantierte Kinder betreuten. Zusammen mit einem Team aus der Klinik für Anästhesiologie um Oberarzt Dr. Martin Breil haben sie mit einer etwa zweijährigen Vorbereitungszeit das jetzt in Bonn gestartete Pädiatrische Lebertransplantationsprogramm aufgebaut. Hier werden Kinder vor, während, aber auch langfristig nach der Lebertransplantation ambulant und stationär von einem hoch spezialisierten, interdisziplinären Team versorgt. Weitere Programme dieser Art gibt es in Essen und Heidelberg.

Der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Wolfgang Holzgreve betont: „Wir haben am Universitätsklinikum Bonn in diesen spezialisierten Bereich der Medizin investiert, weil wir im Forschungsbereich der Immunologie am Universitätsklinikum besonders stark sind und damit in der Klinik besonders innovative Spitzenmedizin verwirklichen können.“  

"Wie ein Sechser im Lotto!"

Moritz hatte sich trotz Leberversagen gut stabilisiert und war transplantationsfähig. "Trotzdem war unser Zeitfenster klein. Jede kleinste Infektion hätte die Situation zum Entgleisen bringen können", sagt Prof. Dr. Ganschow. Bereits fünf Tage nachdem der Säugling als Hochdringlichkeitspatient auf der Warteliste von Eurotransplant geführt wurde, war ein geeignetes Spenderorgan gefunden. In einer fast achtstündigen Operation transplantierten die Bonner Chirurgen dem fünf Wochen alten Säugling nach komplexer Teilung der Spenderleber den kleinen linken Leberlappen: "Das Knifflige sind die winzig kleinen Blutgefäße", sagt Privatdozent Pollok, für den Moritz nicht das kleinste aber das bisher jüngste Kind ist, dass er transplantiert hat. Für das Universitätsklinikum Bonn ist es neben der kürzlich durchgeführten Nierentransplantation bei einem Kleinkind ein weiterer Meilenstein zur Etablierung des Pädiatrischen Transplantationszentrums am Universitätsklinikum Bonn.

"Wir waren immer optimistisch"

Hauptkomplikation nach einer solchen Transplantation ist ein Gefäßverschluss. Um dieses Risiko zu senken, wurde Moritz in der Nachsorge jeden Tag mit Ultraschall untersucht. Seine Blutgefäße waren offen und richtig durchblutet. Das fremde Leber-stück hat seine Arbeit vollständig aufgenommen und wird mit dem Kind mitwachsen. "Unser kleiner Patient hat wirklich eine gute Prognose. Moritz wird voraussichtlich ein völlig normales Leben, mit zwei Einschränkungen führen. Er muss regelmäßig Medikamente nehmen, um eine Abstoßung des fremden Organs zu unterdrücken und er muss oft zur Kontrolle zum Arzt gehen", sagt Prof. Ganschow.

Drei Monate nach der Transplantation war Moritz fit genug, um das Krankenhaus zu verlassen – zur großen Freude seines vier Jahre älteren Bruders und seiner Eltern: "Wir haben es geschafft. Man darf die Hoffnung nicht aufgeben." Die Familie des kleinen Patienten möchte sich beim Universitätsklinikum Bonn bedanken. Moritz sei liebevoll versorgt worden und gut aufgehoben gewesen. "Besonders dankbar sind wir den Eltern des Spenders. Sonst hätte Moritz keine Chance gehabt." Der kleine Junge ist heute wohl auf und immer noch bei den Spezialisten in Bonn in Behandlung.