Umzug für bessere Berufsaussichten
Im Oktober 2015 bin ich dann nach München gezogen. Für mich war das die Chance, in meinem Beruf zu arbeiten. Und doch war es anfangs eine andere Realität: In Italien habe ich noch zu Hause gewohnt, in München zog ich erst einmal in ein Wohnheim. Meine Heimatstadt hat gut 100.000 Einwohner, München mehr als eine Million.
Mein Deutsch war noch nicht perfekt. Dazu kam viel Bürokratie. Ich musste acht Monate auf meine Anerkennung als Hebamme warten, durfte keine Geburten machen, sondern nur im Kreißsaal helfen sowie mit Schwangeren in der Ambulanz und auf Station arbeiten. Ich habe mich manchmal gefühlt wie ein Fisch ohne Wasser.
Aus Kolleginnen sind Freundinnen geworden
Für mich war die Sprache der Schlüssel zum Ankommen. Am Anfang war ich sehr reserviert, weil ich nicht immer das ausdrücken konnte, was ich sagen wollte. Geholfen hat mir, wenn die deutschen Kolleginnen langsamer gesprochen haben, Sachen erklärt und immer wieder wiederholt haben.
Wir mussten uns aneinander gewöhnen. Mittlerweile sind wir ein gutes Team, aus Kolleginnen sind Freundinnen geworden. Jetzt, wo ich die Sprache gut beherrsche, kommt auch meine Persönlichkeit raus – und mein Temperament!
Vielfalt und Internationalität auch im Kreißsaal
Ich bin froh, dass ich mich für das Universitätsklinikum entschieden habe: Hier kann ich alles rund um Geburten sehen und lernen; der Kreißsaal ist sehr modern, mit vielen Geräten. Ich habe zum ersten Mal Beckenendlage- und Zwillingsgeburten erlebt, Frühchen auf die Welt geholt, viele Risikopatienten begleitet. Besonders beeindrucken mich Wassergeburten, weil sie den Frauen die Möglichkeit geben, viel selber zu steuern.
Wir sind im Kreißsaal ein großes Team aus Hebammen und Ärzten. Mir gefällt die Vielfalt und dass sich jeder mit seinem Hintergrund einbringen kann. Zu uns kommen nicht nur deutsche Eltern, sondern auch Familien aus vielen verschiedenen Ländern. Daran merkt man, dass auch die Gesellschaft vielfältig und international ist. Meine Aufgabe als Hebamme ist es, für die Frauen da zu sein, sie zu begleiten. Mittlerweile habe ich mehr als 400 Geburten erlebt. Und trotzdem: Wenn ich sehe, dass eine Mama und ein Papa ihr Kind im Arm halten und zur Familie werden, dann explodiert jedes Mal mein Herz.
München ist zur zweiten Heimatstadt geworden
Italien ist immer in meinem Herzen, aber München ist in den vergangenen dreieinhalb Jahren zu meiner zweiten Stadt geworden. Es ist die Stadt in Deutschland, in der ich leben wollte: Es ist so grün und es gibt viele kleine Bars und Cafés. Hier gehe ich gerne joggen, treffe Freundinnen und gehe shoppen – wie es sich für eine Italienerin gehört. Und ich bin viel unterwegs, fahre oft nach Italien.
Wenn ich in Ancona bin, gehe ich als erstes zum Hafen, um das Meer zu sehen und Seeluft einzuatmen. Wenn ich in München Heimweh habe, dann gehe ich raus: an die Isar oder an den Starnberger See. Und: Ich habe das Wandern für mich entdeckt. Einer der schönsten Orte hier ist für mich der Eibsee: der See, die Zugspitze dahinter, das Panorama – einfach überwältigend.“