Die Universitätsklinika sehen die zentralen Ziele der Krankenhausreform durch das geplante Anpassungsgesetz gefährdet. Anstelle einer konsequent qualitätsorientierten und zukunftsfähigen Versorgungsstruktur droht eine Manifestierung kleinteiliger und ineffizienter Strukturen. Die Ausnahmeregelungen schwächen das Reformvorhaben substanziell, wichtige Instrumente zur Konzentration und Vernetzung der Versorgung werden verschoben. Ohne klare Nachbesserungen droht die Krankenhausreform, ihre Zielsetzung zu verfehlen – Qualität, Konzentration und der stringente Strukturwandel geraten aus dem Fokus.
Mit der Erweiterung von Ausnahme- und Kooperationsmöglichkeiten sollen Kliniken auch ohne Nachweis von Qualitätskriterien und unabhängig von Erreichbarkeitsvorgaben nach freiem Ermessen der Länder Leistungsgruppen zugewiesen werden können. Dies soll für einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren und ohne Beschränkung auf ländliche Regionen erfolgen. Damit droht eine erhebliche Gefährdung der Ziele der Krankenhausreform: Der Status quo könnte zementiert, notwendige Veränderungen im Sinne einer echten Qualitätsorientierung ausgesessen werden. Ein umfassender und zeitlich gestreckter Ermessensspielraum für die Krankenhausplanung birgt die erhebliche Gefahr, dass die dringend notwendige Konzentration und bessere Qualität der Versorgung verhindert werden. Wenn Ausnahmen tatsächlich erforderlich sind, müssen sie gut begründet und transparent erfolgen. Sie müssen bundeseinheitlich auf klaren Kriterien beruhen und dürfen allenfalls einmalig um ein weiteres Jahr verlängert werden.
Die Ausweitung von Ausnahmen führt auch zu einer ungleichen finanziellen Behandlung. Krankenhäuser, die trotz Nichterfüllung von Qualitätsanforderungen Leistungsgruppen und Vorhaltevergütung zugewiesen bekommen, werden damit wirtschaftlich bessergestellt als jene, die durch große finanzielle Anstrengungen die Anforderungen erfüllen.
„Mit der erweiterten Beinfreiheit für die Länder droht die Ausnahme zur Regel zu werden. Das Ziel einer nachhaltig verbesserten und bedarfsgerechten Versorgungsstruktur ist aus dem Blick geraten. Regionalen Sonderwegen sind damit Tür und Tor geöffnet. Hier muss sorgfältig nachjustiert werden“, warnt Prof. Jens Scholz, 1. Vorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands (VUD). „Eine zukunftsfähige Krankenhauslandschaft lässt sich so nicht gestalten. Länder werden weiterhin zu viele Krankenhäuser als bedarfsnotwendig ausweisen, Leistungen nicht ausreichend konzentrieren - und ein Großteil der Krankenhäuser wird defizitär arbeiten. Statt einer arbeitsteiligen, qualitätsorientierten Gesundheitsversorgung, die auf Kooperation und Vernetzung setzt, droht ein kleinteiliger Flickenteppich. Wenn wir die Krankenhausreform zu einem echten Erfolgsmodell machen wollen, braucht es jetzt eine klare Orientierung an Qualität, Spezialisierung und Vernetzung – statt Ausnahmen, die den notwendigen Strukturwandel verzögern“, so Scholz.
Die Verschiebung der Einführung der Vorhaltevergütung bedeutet auch eine Verzögerung für die Umsetzung der Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben sowie der Finanzierung der speziellen Vorhaltung bei den Universitätsklinika. Hier müssen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens Übergangslösungen gefunden werden, um zumindest die Umsetzung dieses Teils der Krankenhausreform ab dem Jahr 2027 zu gewährleisten.
Forderung nach Nachbesserungen beim Transformationsfonds und bei der Standortdefinition
Die Änderungen beim Krankenhaustransformationsfonds beziehen sich insbesondere auf die ordnungspolitisch nachvollziehbare Finanzierung des Bundesanteils aus Steuermitteln. Die im Koalitionsvertrag festgehaltene angemessene Berücksichtigung der Universitätsklinika ist im Gesetzentwurf hingegen nicht erfolgt. Nach derzeitigem Stand sind Universitätsklinika nur bei Vorhaben zur Bildung telemedizinischer Netzwerkstrukturen und zur Bildung von Zentren zur Behandlung von seltenen, komplexen oder schwerwiegenden Erkrankungen anspruchsberechtigt. Universitätsklinika müssen insbesondere bei Vorhaben zur Konzentration von Versorgungskapazitäten, Bildung regionaler Krankenhausverbünde und integrierter Notfallstrukturen förderfähig werden.
„Die umfassende Förderung der Universitätsklinika durch den Transformationsfonds ist wichtig, um zentrale Ziele der Krankenhausreform zu erreichen. Die Universitätsklinika fordern eine dringende Anpassung, so wie diese dezidiert im Koalitionsvertrag vereinbart ist und vom Bundesrat seinerzeit gefordert wurde. Ohne Nachbesserungen am Transformationsfonds werden Universitätsklinika ihren notwendigen Beitrag zur Konzentration und Strukturanpassungen nicht leisten können. Kernpunkte der Reform verlieren so ihre Wirkung“, betont Jens Bussmann, Generalsekretär des VUD.
Auch hinsichtlich der Standortdefinition enthält der Gesetzentwurf keine nachhaltigen Nachbesserungen. Die grundsätzliche Intention der Standortregelung ist nachvollziehbar. Sie benachteiligt jedoch insbesondere Großkrankenhäuser in innerstädtischen Lagen, bei denen eine räumliche Konzentration der Versorgung auf Grund der baulichen und infrastrukturellen Gegebenheiten nicht umsetzbar ist. Für diese Konstellationen ist eine gesetzlich garantierte Ausnahmeregelung dringend geboten.
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