Der diesjährige Preis der Deutschen Hochschulmedizin geht an die internationale Initiative PROMISE (PROstate cancer Molecular Imaging Standardized Evaluation). Das Forschungsteam unter Federführung der Universitätsmedizin Essen entwickelte eine Methode, um mit hochgenauer Bildgebung den Verlauf von Prostatakrebs noch präziser vorherzusagen und Therapien individueller zu steuern. Das Projekt ist ein herausragendes Beispiel für eine internationale und interdisziplinäre Zusammenarbeit, die Forschungsergebnisse in Rekordzeit in die klinische Anwendung überführt.
Das PROMISE-Team nutzte für die Risikobewertung die PSMA-PET, ein hochmodernes Bildgebungsverfahren, das Prostatakrebszellen sehr genau aufspüren kann. Die PSMA-PET hilft dabei, das genaue Ausbreitungsstadium des Tumors im Körper sichtbar zu machen. Weil sie deutlich empfindlicher ist als ältere Methoden, mussten die auf PSMA-PET basierenden Befunde aber erst in neue Empfehlungen für die Behandlung übersetzt werden. Genau daran hat PROMISE maßgeblich mitgearbeitet.
Prostatakrebs ist mit jährlich rund 65.000 Neuerkrankungen die häufigste Krebserkrankung bei Männern in Deutschland. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts erkrankt etwa jeder elfte Mann im Laufe seines Lebens an einem Prostatakarzinom. Im Jahr 2020 verursachte Prostatakrebs rund 15.000 Todesfälle und ist damit auch eine der häufigsten krebsbedingten Todesursachen bei Männern. Ärztinnen und Ärzte stellt die Erkrankung vor die Herausforderung, den Verlauf frühzeitig und abhängig von der Aggressivität richtig einzuschätzen, um eine passende Therapie empfehlen zu können. Die Patienten werden heute aktiv in die Therapieentscheidung einbezogen. Damit das gelingen kann, ist eine verständliche Vermittlung der Befunde und des individuellen Risikos notwendig.
Wegweisende Innovation aus der Hochschulmedizin
In einer der größten Studien ihrer Art hat das Team die Bilddaten von über 15.000 Patienten aus mehr als 50 Zentren weltweit ausgewertet. Über die Hälfte der Daten stammte von den deutschen Universitätsklinika in Essen, Münster, München, Dresden, Freiburg und Hamburg. Gemeinsam mit international führenden Forschungseinrichtungen – etwa in Schweden, Italien, Österreich, den USA, Kanada, der Türkei und Polen – haben die Forschenden daraus das sogenannte PROMISE-Schema entwickelt. Dabei handelt es sich um eine neuartige und international anerkannte Methode, um auf Grundlage der PSMA-PET-Bilder die individuellen Risikoprofile von Patienten deutlich genauer als bisher einzuschätzen.
Aus den Daten wurden sogenannte Nomogramme entwickelt – präzise Vorhersagemodelle für das individuelle Risiko eines Patienten. Die Ergebnisse werden zudem so aufbereitet, dass sie sowohl für Ärztinnen und Ärzte als auch für Patienten verständlich und zur gemeinsamen Therapieentscheidung nutzbar sind.
Bereits neue Standards gesetzt
Die Ergebnisse der Studie wurden unter anderem im renommierten Fachjournal The Lancet Oncology veröffentlicht. Besonders beeindruckend ist die schnelle Übertragung der Forschungsergebnisse in die klinische Praxis: Bereits wenige Monate nach der Veröffentlichung wurden die neuen Modelle in die deutsche S3-Leitlinie Prostatakarzinom aufgenommen. Eine S3-Leitlinie bündelt den aktuellen Stand der Forschung und ist für Ärztinnen und Ärzte die maßgebliche Empfehlung für die Behandlung. Auch auf internationaler Ebene ist PROMISE inzwischen als Standard gesetzt und prägt weltweite Empfehlungen zur Auswertung von PET-Bildern bei Prostatakrebs.
„Die Jury war beeindruckt von der Teamleistung und der wissenschaftlichen Exzellenz des PROMISE-Projekts, das eine der größten Herausforderungen in der Urologie angegangen ist“, so Prof. Matthias Frosch, ehemaliger Präsident des Medizinischen Fakultätentags und Juryvorsitzender. „Mit der enormen Geschwindigkeit, mit der die Ergebnisse in die Leitlinien überführt wurden, ist es ein Musterbeispiel für den erfolgreichen Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis und den unmittelbaren Nutzen universitätsmedizinischer Forschung.“
Fortschritte, die bei den Patienten ankommen
„Das PROMISE-Projekt hat eine große gesellschaftliche Bedeutung”, betont Prof. Jens Scholz, 1. Vorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands und ebenfalls Juryvorsitzender. “Es gibt Ärztinnen, Ärzten und Patienten ein verlässliches Werkzeug für gemeinsame Therapieentscheidungen an die Hand – auf Basis modernster Bildgebung, großer internationaler Datenmengen und wissenschaftlicher Expertise. Das Projekt stärkt das Vertrauen zwischen Ärztinnen, Ärzten und Patienten, weil Entscheidungen nachvollziehbarer und individueller werden. Diese Initiative zeigt, wie die Hochschulmedizin durch Vernetzung und Innovationskraft Fortschritte erzielt, die bei den Betroffenen ankommen und das Potenzial haben, weltweit zum Standard zu werden.“
Website des Projekts
Bewerbungsvideo
Der Preis der Deutschen Hochschulmedizin wird jährlich vom Medizinischen Fakultätentag (MFT) und dem Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) vergeben. Er würdigt neben der Teamleistung in der Universitätsmedizin insbesondere die Innovation und Translation von Forschungsprojekten für die Patientenversorgung sowie die gesellschaftliche Tragweite medizinischer Errungenschaften. Die Preisverleihung findet im Rahmen des Tages der Hochschulmedizin am 26. November 2025 in Berlin statt. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis dient der Stärkung der Forschung in der Universitätsmedizin am Wissenschaftsstandort Deutschland. Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Jury aus Vertreterinnen und Vertretern der Universitätsmedizin, der Patienteninteressen, der Industrie sowie von Institutionen aus dem universitären Forschungsumfeld. Weitere Informationen: www.deutsche-hochschulmedizin.de
Kontakt:
Barbara Ogrinz
Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V.
Tel.: +49 (0) 30 3940517-25
E-Mail: ogrinz@uniklinika.de
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