Mandy K.

Plötzlich war
die Sprache weg

Patientengeschichten

Mandy hatte bereits im Teenageralter einen Schlaganfall

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Die damals 13-jährige Mandy K. konnte plötzlich nicht mehr sprechen und hatte Lähmungserscheinungen. Diagnose Schlaganfall. Durch das schnelle Eingreifen neurologischer Experten am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein kann Mandy zuversichtlich in die Zukunft blicken.

Am ersten Weihnachtstag 2014 wurde plötzlich alles anders. „Unsere Tochter konnte von einer Minute auf die nächste nicht mehr sprechen“, erinnert sich ihre Mutter. „Sie war auf der rechten Körperseite gelähmt“. Die Familie war im Schockzustand. In der Familie war Migräne bekannt. Mit Schlaganfällen jedoch hatte Mandys Familie keine Erfahrung. Die Eltern des jungen Mädchens reagierten zum Glück unverzüglich. Beim Schlaganfall zählt jede Sekunde. Mandy wurde als Notfall in der Kinderklinik des UKSH, Campus Kiel vorgestellt.

Das Team um Prof. Dr. Ulrich Stephani, Leiter der Klinik für Neuropädiatrie, veranlasste sofort eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns. Das Ergebnis lautete Schlaganfall mit Gerinnsel. Dazu kommt es, wenn durch plötzlich auftretende Durchblutungsstörungen im Gehirn bestimmte Regionen nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden können. Unterversorgte Nervenzellen des betroffenen Gewebes im Gehirn sterben innerhalb kürzester Zeit ab, die von den Nerven gesteuerten Körperfunktionen fallen aus und es kommt zu einer körperlichen Behinderung. Ein Schlaganfall kann auch tödlich enden. In Mandys Fall hatte ein Thrombus die linke mittlere große Hirnarterie verschlossen. „Wir mussten schnell handeln und haben direkt eine systemische Thrombolyse eingeleitet“, erklärt Prof. Stephani. „Dabei handelt es sich um eine Therapie, bei der Medikamente direkt über die Vene verabreicht werden. Diese Medikamente bestehen aus Enzymen, die das Gerinnsel abbauen und somit die Blutbahn wieder öffnen.“ Bei Mandy war die Entscheidung zu dieser Therapie besonders: „Diese Form der Thrombolyse ist für Jugendliche noch nicht zugelassen“, so Prof. Stephani. „Im Fall von Mandy blieb dies aber der einzig sinnvolle Weg, weshalb wir uns dafür entschieden haben.“ Parallel erfolgte eine Katheter-Untersuchung und -Therapie, die Angiographie. Dabei wurde der Thrombus aus der linken mittleren Hirnarterie mit Hilfe eines Stent-Retrievers entfernt. „Das Verfahren nennt sich Thrombektomie“, erklärt Prof. Dr. Olav Jansen, Chef der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie. „Anders als bei anderen Verfahren verbleibt der Stent nicht dauerhaft in dem Blutgefäß, sondern wird zusammen mit dem Gerinnsel wieder herausgezogen. Insgesamt zwei Thrombektomie-Manöver waren zur Entfernung des Gerinnsels notwendig, danach war das Gefäßsystem wieder komplett offen.“

Bei der Suche nach der Schlaganfallsursache konnten keine auslösenden Faktoren im Blut oder am Herzen gefunden werden. Die Halbseitenlähmung hat sich nach der Behandlung rasch zurückgebildet, auch die Ausdehnung des Infarktes war in der Kontroll-MRT-Untersuchung Anfang Januar 2015 rückläufig. „Mandys Kraft und die Sprachfähigkeit war bei ihrer Entlassung Anfang Januar 2015 wieder hergestellt“, erinnert sich ihre Mutter. Mandys Fall ist ein gutes Beispiel der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Kinderneurologie, Erwachsenen-Neurologie mit Schlaganfall-Einheit und Intensivstation, Neuroradiologie, Gerinnungsspezialisten – und das an einem Feiertag.

Mandy ist heute völlig beschwerdefrei. Die nun 15jährige führt ein normales Leben und muss analog der Empfehlungen der Gerinnungsspezialistin des Uniklinikums Schleswig-Holstein, Frau Prof. Dr. U. Nowak-Göttl, lediglich eine niedrige Dosis von Acetylsalicylsäure, einem Blutverdünnungsmittel zum Verhindern eines Schlaganfall-Rückfalls einnehmen. „Unter dieser prophylaktischen Therapie erwarten wir aktuell keine Rückfälle“, so die Gerinnungsspezialistin.