Inge Storbeck

Ein kleines
Wunder

Patientengeschichten

„Ich wäre ein Pflegefall geworden“

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Inge Storbeck wurde durch eine Infektion nach dem Einsatz ihrer künstlichen Hüfte fast zum Pflegefall und saß im Rollstuhl. An der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der Charité Universitätsmedizin Berlin erkannte man die eigentliche Ursache für die Keime in ihrem Körper und konnte ihr helfen.

Als Inge Storbeck Anfang 2016 einen Bericht im Fernsehen über Krankenhauskeime und ihre Behandlung sieht, hat sie schon fast keine Hoffnung mehr. Damals sitzt sie nach vielen Operationen im Rollstuhl und droht ein Pflegefall zu werden. Professor Carsten Perka, Ärztlicher Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie der der Berliner Charité, berichtete in der Sendung über mögliche Behandlungen. Inge Storbeck fasst Mut und recherchiert weiter. „Dass ich mich daraufhin an der Charité vorstellte, hat mir das Leben gerettet“, sagt die fast 80-jährige aus der Nähe von Magdeburg.

Im Sommer 2014 bekommt Inge Storbeck in einer Magdeburger Klinik eine künstliche Hüfte eingesetzt und wird in die Reha entlassen. Doch fünf Wochen nach der Operation bricht ihr Kreislauf zusammen: Mit einer Sepsis, umgangssprachlich auch „Blutvergiftung“ genannt, kommt sie auf die Intensivstation. Ihr Körper reagiert mit einer Entzündung auf eine Infektion durch Bakterien. Die eingesetzte zementierte Hüftprothese ist mit Keimen infiziert und wird nur sechs Wochen nach dem Einsetzen im gleichen Krankenhaus wieder herausgenommen. Eine neue Hüfte kann durch die anhaltende Infektion nicht wieder eingebaut werden. Inge Storbeck muss stattdessen mit einer sogenannte „Girdlestone-Hüfte“ leben – einem fehlenden Gelenk an der Stelle, wo die Hüftprothese saß. Dadurch wird ihr Bein an der betroffenen Seite mehrere Zentimeter kürzer. Ein Jahr lang geht es Inge Storbeck sehr schlecht. Sie sitzt im Rollstuhl und muss immer wieder ins Krankenhaus und gepflegt werden. Eine neue Hüfte wird ihr aufgrund des anhaltenden Keimbefalls nicht eingesetzt. Alleine wohnen kann sie nicht mehr. „Es war eine lange, schwere Zeit und manchmal habe ich gedacht, ich schaffe es nicht“, erinnert sich Frau Storbeck.

Im Oktober 2015 entzündet sich auch das rechte Knie der Rentnerin. Dort hatte man ihr sechs Jahre zuvor eine Kniegelenksendoprothese, ein künstliches Kniegelenk, eingesetzt. Ihre Hausärztin behandelt sie mit Antibiotika und weist sie schließlich abermals stationär in die Magdeburger Klinik ein. Dort legt man ihr nahe, die Endoprothese im Knie wieder entfernen zu lassen. Frau Storbeck lehnt eine weitere OP zunächst ab und möchte eine Zweitmeinung anhören. Inspiriert von der Fernsehsendung über „Krankenhauskeime“ und ihre Behandlung stellt sie sich im April 2016 bei PD Dr. Michael Müller an der Orthopädischen Poliklinik am Campus Berlin Mitte der Charité Universitätsmedizin Berlin vor. Der Oberarzt und Stationsleiter des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie und sein Team finden schnell heraus, wo der Herd der nicht aufhörenden Infekte liegt. „Wir stellten fest, dass bei der Entfernung der von Keimen befallenen künstlichen Hüfte ein Zementköcher im Körper belassen wurde“, erklärt Dr. Müller. „Dieser hatte den Infekt auf die Knieendoprothese weitergeleitet“, so Dr. Müller. Der Oberarzt rät ihr zu zwei weiteren Operationen. Zunächst sollen die keimbefallene Knieendoprothese und der verbliebene Zementköcher entfernt werden. Frau Storbeck erbittet sich noch eine kurze Bedenkzeit. Nach ihren Erfahrungen hat sie zunächst Zweifel, ob weitere Operationen wirklich helfen können. Doch Dr. Müller macht ihr Mut. „Ich sei für mein Alter in einer sehr guten allgemeinen Verfassung und könnte noch gut und gerne 10 Jahre leben“, erinnert sich Inge Storbeck. „Wenn ich diese Jahre statt als Pflegefall im Rollstuhl, wieder selbständig und mobil erleben möchte, ginge an der OP kein Weg vorbei“, Die Rentnerin willigt in die Entfernung der Endoprothesen ein. Kurz nach der ersten Operation wird durch ein Schluckecho festgestellt, dass bereits auch ihr Herz mit Keimen befallen ist. „Die danach sofort eingeleitete Operation im Juni 2016 hat mir das Leben gerettet“, ist sich Inge Storbeck sicher. Im Juli 2016 wird schließlich sowohl das rechte Kniegelenk als auch das Hüftgelenk wieder aufgebaut. Die anschließende Therapie mit Antibiotika verträgt die Patientin gut und durch Mobilisationsübungen noch in der Berliner Uniklinik kann sie wieder etwas gehen.

Ein kleines Wunder geschieht: Als Inge Storbeck im November 2016 zur Verlaufskontrolle in die Orthopädie der Charité kommt, sitzt sie bereits nicht mehr im Rollstuhl und kann mit Hilfe eines Rollators größere Strecken bewältigen. Durch gezieltes Training wird sich ihre Mobilität vermutlich sogar noch verbessern. „Ich kann es kaum in Worte fassen was ich empfinde“, sagt die Rentnerin heute. „In jedem Fall möchte ich mich bei Dr. Müller und dem ganzen Team bedanken. Durch den Einbau der neuen Gelenke bin ich nun in der Lage, eines Tages wieder ganz auf eigenen Beinen zu stehen“, freut sich Inge Storbeck. Sie lebt inzwischen wieder mit ihrem Mann in der eigenen Wohnung, in einer Einrichtung für betreutes Wohnen.