Prof. Dr. med. Dr. h.c. Michael Frotscher

Als Mediziner
selbst Patient

Patientengeschichten

Lebensbedrohlicher Zustand nach EHEC-Infektion

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Der Direktor des Instituts für Strukturelle Neurobiologie am Zentrum für Molekulare Neurobiologie Hamburg (ZMNH) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) erkrankt im Alter von 64 Jahren an EHEC. Sein Zustand ist lebensbedrohlich. Nur durch die Behandlung seiner eigenen Kollegen überlebt er die schwere Infektion.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Michael Frotscher war 2011 gerade im Begriff eine Hertie-Professur anzutreten und vom Universitätsklinikum Freiburg an das UKE zu wechseln, als er auf einer Tagung einen Salat mit Sprossen verzehrte. Infolgedessen infizierte sich der Mediziner und Leibnitz-Preisträger neben zwölf anderen Tagungsteilnehmern mit Enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC). Dabei handelt es sich um bestimmte krankheitsauslösende Stämme des Darmbakteriums Escherichia coli. Frotscher wusste zu diesem Zeitpunkt noch nichts von der Infektion, hatte zunächst lediglich die Symptome eines Durchfalls. „Ich habe das zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich ernst genommen“, erinnert sich der heute 69-Jährige. Bei einem Berglauf in Freiburg war er noch völlig fit gewesen und besuchte danach eine weitere Tagung. „Dann verschlimmerte sich mein Zustand“, so Frotscher. „Ich musste die Konferenz abbrechen.“ Zeitgleich erhielt der Mediziner Anrufe der neuen Kollegen aus Hamburg, die ihn darüber informierten, dass sich die EHEC-Fälle häuften. Zu diesem Zeitpunkt ging es Frotscher schon sehr schlecht. Seine Nieren versagten und neurologische Probleme traten auf. „Ich hatte so eminente Wassereinlagerungen, dass ich keine Armbanduhr mehr umbinden konnte“, erinnert sich der Mediziner. „Ich war jetzt nur noch damit beschäftigt, meine beruflichen Termine abzusagen. Und ich bewunderte den großen Einsatz der Ärzte und Schwestern, die trotz des Patientenansturms Ruhe bewahrten.“

Michael Frotscher ging noch selbst zu Fuß ins UKE – bis dahin jedoch ohne Kenntnis dessen, was nun kommen würde. Nachdem sich sein Zustand dramatisch verschlechtert hatte, wurde er in ein künstliches Koma versetzt, um Krampfanfälle zu vermeiden. Er wurde mit dem neuen Antikörper „Eculizumab“ behandelt.

Die Behandlung zeigte Erfolg – nach insgesamt vier Wochen konnte Michael Frotscher das UKE verlassen. Danach verbesserte sich sein Zustand langsam. „Es hat sehr lange gedauert, bis ich wieder längere Strecken bewältigen konnte“, so der passionierte Marathonläufer. „Das war ich nicht gewohnt.“ Für den Mediziner, der bislang die Kontrolle über sein Leben hatte, war die EHEC-Infektion eine einschneidende Erfahrung. „Seither lebe ich bewusster und habe eine andere Wertschätzung für jeden einzelnen Tag bekommen.“ Eine Einstellung hat sich jedoch nicht geändert, sondern ist sehr bestärkt worden: Prof. Frotschers Überzeugung von der Notwendigkeit medizinischer Forschung.

Am 27. Mai 2017 verstarb Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Frotscher unerwartet. Er war ein exzellenter Neurowissenschaftler und Neuroanatom mit internationalem Renommeé, der untrennbar mit der Deutschen Hochschulmedizin verbunden war. Auch deshalb haben seine Angehörigen zugestimmt, Prof. Michael Frotscher weiter mit seiner persönlichen Geschichte in der Pop-up-Ausstellung der Deutschen Universitätsklinika zu belassen und ihm auch damit ein ehrendes Andenken zu bewahren.