Renate Kost

Ein neues Medikament
verspricht Hoffnung

Patientengeschichten

Renate Kost profitiert von der Teilnahme an einer Studie

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Renate Kost aus Ingolstadt hat eine besonders aggressive Form der Chronischen Lymphatischen Leukämie (CLL). Dank eines neuen Krebsmedikamentes, das ihr im Rahmen einer Studie am Universitätsklinikum Ulm verabreicht wurde, konnte die Krankheit unter Kontrolle gebracht werden und ihr Gesundheitszustand verbesserte sich.

Renate Kost aus Ingolstadt leidet an Chronisch Lymphatischer Leukämie (CLL), der CLL mit „17p-Deletion“. Dabei handelt es sich um eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems im Körper. Krankhaft veränderte Abwehrzellen vermehren sich und verdrängen die funktionstüchtigen Teile des Blutes. Der Körper wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, das Immunsystem geschwächt, Organe können geschädigt werden. Bei der CLL verläuft die Erkrankung meist langsam und oft unbemerkt. Bei Renate Kost lag allerdings eine besonders aggressive Form der Erkrankung, charakterisiert durch die 17p Deletion (TP53 Gen), vor bei der die üblichen verfügbaren Behandlungen kaum Erfolgsaussichten bieten.

Da normale Krebstherapien bei Renate Kost nicht anschlugen, lag ihre Lebenserwartung bei wenigen Monaten bis Jahren. Ein Schock für die aktive Rentnerin, die gern mit ihrem Mann auf Reisen war. „Mit dieser drastischen Zukunftsaussicht konnte ich mich nur schwer abfinden“, so die 73-Jährige. „Meine Onkologen zu Hause schickten mich ans Tumorzentrum Alb-Allgäu-Bodensee (Comprehensive Cancer Center Ulm, CCCU) des Ulmer Universitätsklinikums.“ Die Wissenschaftler des Ulmer Universitätsklinikums unter der Leitung von Prof. Dr. Stephan Stilgenbauer, Leitender Oberarzt der Klinik für Innere Medizin III, haben in einer internationalen Studie die Wirksamkeit eines neuen Medikaments bei der aggressiven Form der Chronisch Lymphatischen Leukämie (CLL) nachgewiesen, unter der auch Renate Kost leidet. Auf Basis der Ergebnisse erteilte die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) die Erstzulassung für das Medikament in den USA.

In Ulm wurde auch Renate Kost in die Studie zu dem Medikament eingeschlossen, das aktuell in Deutschland noch nicht zugelassen ist. Im Rahmen derartiger Projekte, die an den Universitätskliniken in Deutschland durchgeführt werden, wird erforscht, wie wirksam neue Medikamente sind und ob sie bei Erkrankungen positiv wirken. Dazu ist eine enge Verbindung von Forschung und Krankenversorgung erforderlich. Auch Renate Kost erhält seit April 2015 das innovative Krebsmedikament, dessen Zulassung in Europa für November 2016  erwartet wird. „Die Patientin nimmt das Medikament täglich als Tablette ein“, so Prof. Stephan Stilgenbauer. „Es sorgt dafür, dass die Krebszellen sich nicht mehr mit Hilfe des Eiweißstoffs B-Zell-Lymphom-2-Protein (BCL2) vor dem natürlichen Absterben schützen können. Damit wird der Signalweg für das Absterben der Krebszellen wieder frei.“

Die Klinik für Innere Medizin III ist ein Zentrum für die Erforschung der Chronischen Lymphatischen Leukämie. Die Mediziner haben große Erfahrung in der Entwicklung und Durchführung internationaler Studien zur Erforschung der Wirkungsweise neuer Krebsmedikamente. „80 Prozent der 106 Patienten mit der besonders aggressiven Form der CLL, bei denen die üblichen Krebstherapien bereits versagt hatten, sprachen auf das Medikament an. Bei fast allen verbesserten sich die Blutwerte durch die Therapie deutlich, auch bei Renate Kost“, so Prof. Stilgenbauer, der auch Erstautor der Studie ist. „Die Patienten hatten zwar Nebenwirkungen, die aber geringer ausfielen als bei herkömmlicher Chemotherapie und zum Teil auch durch den Erfolg der Behandlung, nämlich durch den schnellen Abbau der Krebszellen, verursacht wurden.“

Leider gibt es aktuell bei Renate Kosts spezieller Erkrankung keine Heilung. Jedoch sind ihre Blutwerte durch die Medikamenteneinnahme gut. „Ich kann mein Leben mit meinem Mann wieder genießen und den Alltag meistern“, so die Patientin. „Wenn ich nicht nach Ulm gekommen wäre, wäre ich vermutlich nicht mehr am Leben.“ Und einen weiteren Vorteil hat die Integration in die Studie. Denn was die Mediziner aktuell über die Wirksamkeit des Medikaments bei Renate Kosts spezieller Leukämieform erforschen, könnte eines Tages auch anderen Krebspatienten zugutekommen.

„Das Besondere an dem neuen Medikament ist, dass es in zentrale Vorgänge eingreift, die bei sehr vielen Krebsarten vorkommen. Es gibt daher gute Chancen, dass die jetzt gezeigte Wirksamkeit bei der CLL auch für andere Krebsarten genutzt werden kann“, erklärt Prof. Dr. Hartmut Döhner, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin III. „Es laufen bereits Studien für andere Leukämieformen und für Brustkrebs.“ Prof. Dr. Udo X. Kaisers, Leitender Ärztlicher Direktor des Ulmer niversitätsklinikums, ergänzt: „Die Erforschung von Krebserkrankungen, von den Grundlagen ihrer Entstehung bis zur Wirksamkeit neuer Therapien, ist eine wichtige Aufgabe der deutschen Universitätskliniken. Vor 60 Jahren gab es bei Leukämie keine Aussicht auf Heilung, heute hat ein erheblicher Teil der Leukämiepatienten Aussicht, geheilt zu werden. An diesem medizinischen Fortschritt für die Menschen arbeitet das Ulmer Universitätsklinikum mit.“

Renate Kost ist bis heute regelmäßig zu Untersuchungen und Kontrollen der Blutwerte in der Klinik für Innere Medizin III. „Ich komme immer gerne, denn bisher sind meine
Blutwerte  gut. Ich kann mit meinem Mann wieder reisen, meine Tabletten sind dabei natürlich immer im Gepäck.“

Das Tumorzentrum Alb-Allgäu-Bodensee (Comprehensive Cancer Center Ulm, CCCU) ist eines von bundesweit nur 13 Einrichtungen, die von der Deutschen Krebshilfe als „Onkologisches Spitzenzentrum“ ausgezeichnet wurden.